Im Juni steht die eyebizz conference mit den Themen Myopie-Management und Augengesundheit an, im Mai haben wir dazu zwei Webinare geplant. Drei Events reichen nicht aus, um das unbedingt nötige Fachwissen zu vermitteln, aber sie können Gedanken anregen, Ideen und Tipps geben und Orientierung bieten in einem Betätigungs- und Stimmungsfeld, das seit Jahresbeginn noch mehr in Bewegung geraten zu sein scheint. Dass dies Betätigungsfelder der Augenoptik sind, steht angesichts der Zahlen von den Kollegen Ophthalmologen außer Frage. Eine kommentierende Analyse von Ingo Rütten:
Wer in diesem Frühjahr auf der AAD in Düsseldorf unterwegs war, der wird sich der Notwendigkeit optometrischer Dienstleistungen in unserer Branche bewusst sein. Und wer genau hingehört hat, der sollte auch das Myopie-Management und die Zielgruppe Kinder nicht vernachlässigen, im Gegenteil! Gehört wohl nicht nur für mich ohnehin zum Thema Augengesundheitsversorgung dazu.
Die „Kinderecke“, so nervig sie vielleicht sein kann, gehört ins augenoptische Fachgeschäft. Die Beratung und Versorgung von Kindern – innerhalb der zu beachtenden Spielregeln – ist eine Aufgabe, die viele Chancen eröffnet. Möglichkeiten, die darüber hinaus gehen, dem jungen Kunden bestmöglich zu helfen. So weit so gut, letztlich weiß man das, auch wenn man es nicht oft genug sagen kann.
Dass sich mancher Augenarzt nicht mit dem Thema Myopie-Management befassen mag, scheint nicht nur angesichts der Fachkräfte-Situation leicht erklärbar. Es gibt einige Gründe dafür, ein weiterer ist der demographische Wandel. Der erhöht die Zahl der zu versorgenden altersbedingten Augenerkrankungen, und daher spezialisieren sich mehr Augenärzte als früher auf diesen Bereich. Fachkräftemangel und demographischer Wandel: Für die Versorgung von Kindern bleibt da vor allem weniger augenheilkundliche Kompetenz, die freie Termine anbietet. Die weiteren Gründe sind dann oft recht ähnlich zu denen, die bei uns dazu führen, auf die Kinderecke verzichten zu wollen.
Noch dazu altern auch die Augenärzte. Ja, tatsächlich! Die Angehörigen der Babyboomer-Generation – also die zwischen 1955 und 1969 Geborenen – erreichen auch als Dr. dekoriert sukzessive das Rentenalter. Da die Augenheilkunde im Vergleich zur Ärzteschaft allgemein sogar etwas stärker überaltert, können auch Spezialisierungen diesen Trend nicht umkehren! Zumal parallel dazu natürlich die Patientenzahlen steigen. Ein Beispiel: Bei den Diabeteserkrankungen prognostiziert das Deutsche Diabetes-Zentrum bis zum Jahr 2040 einen Anstieg um bis zu 77 Prozent. Man darf wohl davon ausgehen, dass auch bei Folgeerkrankungen wie der Diabetischen Retinopathie die Zahlen enorm in die Höhe gehen.
Rein statistisch gesehen ist aber die Versorgungskapazität gestiegen, um ein Prozent in den Jahren 2002 bis 2017. Auch damals schon steigerte sich in demselben Zeitraum die Zahl der Patienten sehr viel stärker: mit AMD im Frühstadium um 22 Prozent, mit AMD im Spätstadium um 34 Prozent und mit einer Glaukomerkrankung um 24 Prozent. Wie sehr man bei der Betrachtung von Statistiken aufpassen muss, beweisen außerdem die Zahlen zwischen 2010 bis 2019, die die Kollegen von Eyefox wie folgt nennen: Die Zahl aller berufstätigen Augenärzte sei in den neun Jahren um knapp 16 Prozent gestiegen – bis 2021 sei sie auf 7.974 hierzulande berufstätige Ophthalmologen gewachsen. Also mehr Kapazität für Kinder und – sorry! – Alte? Ein Eindruck, der täuscht!
Entscheidend für die Versorgungskapazität ist die wöchentliche Arbeitszeit, die bei angestellten Ärzten im Durchschnitt nur rund 24 Stunden beträgt. Bei den angestellten Ärzten arbeiteten weniger als die Hälfte (44 %) mehr als 30 Stunden in der Woche, ein knappes Drittel ist nur zehn bis zwanzig Stunden wöchentlich in der Praxis. Ein Trend, der anhält und für die Zukunft wenig Gutes für die Augenversorgung in Deutschland verspricht: 2022 wurden alle Mitglieder der DOG und des BVA unter 49 Jahren befragt: Im Durchschnitt zeigte sich, dass fünf bis sechs Arbeitsstunden täglich beziehungsweise eine drei bis vier Tage-Woche der von einer Mehrheit präferierte Arbeitsumfang wäre. Somit bedeutet der statistische Anstieg bei der Zahl der Ophthalmologen kein Plus bei der Versorgungskapazität – erst Recht nicht in die Zukunft geblickt.
Wäre doch eine gute Lösung, den Damen und Herren der Augenheilkunde eine wenig unter die Arme greifen zu dürfen. Ach so, wir dürfen ja schon jetzt! Myopie-Management und Screening innerhalb der geltenden Spielregeln sind schon heute Möglichkeiten, sich abzugrenzen, sich zu positionierenden, in die Zukunft zu schauen. Wenn wir das richtig angehen beziehungsweise fortführen, wird dieses Angebot unserer Branche zukünftig zur Augengesundheitsversorgung in Deutschland wie selbstverständlich dazugehören – für alle. Für Kunden, Kinder, Alte und ja, dann auch für Augenärzte.